Als ich erfahren hatte, dass ich schwanger bin, hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, was dies für die nächsten Monate bedeuten würde. Zunächst einmal will ich herausstellen, dass ich mich ziemlich glücklich schätzen kann, die Schwangerschaft in Ruhe und entspannter Atmosphäre erleben zu dürfen. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie sich die Schwangerschaftssymptome zusammen mit dem alltäglichen Stress auf der Arbeit und den häuslichen Pflichten anfühlen mögen. Ich weiß auch, dass es noch viel anstrengendere Schwangerschaften gibt, als die meine. Trotzdem will ich nichts beschönigen und meine Gefühle und körperlichen Symptome offen da legen.
5. – 6. SSW: Chiang Mai – Thailand
Im Norden Thailands hat alles begonnen. Es waren die ersten Wochen auf unserer Reise und wir genossen die freie Zeit zusammen, das super leckere Essen und die entspannte Atmosphäre. Offensichtlich breitete sich diese Entspannung bald auf unseren gesamten Körper aus. Denn nichts ahnend, blieb trotz kurzer Blutung in der zweiten Zyklushälfte meine Temperatur über 37 Grad.
Freudestränen
Zunächst versuchte ich das noch auf einen kleinen Infekt zu schieben, da Matthias und ich an einem Tag etwas Magenprobleme hatten. Nachdem ich aber sehr geruchssensibel wurde und einige Zeit verstrichen war, wurde ich dann doch skeptisch und so kauften wir uns einen Schwangerschaftstest in der Apotheke. So aufgeregt wie vor dem Test war ich schon lange nicht mehr. Eine gefühlte Ewigkeit später waren die 5 Minuten, die man warten soll, vergangen. Ich habe es nicht ausgehalten und mich aufs Bett verkrochen während Matthias geduldig auf das Stäbchen starrte. Nach einer Weile hörte ich nur ein zögerliches: „Joa…da könnte ein leichter zweiter Strich sein“. Ich sprang auf und musste es mir mit eigenen Augen ansehen, um es zu glauben und tatsächlich schimmerte neben dem Kontrollstrich ein leichter zweiter Strich. Weinend vor Freude und abfallender Anspannung fiel ich ihm in die Arme. Ich hatte von dem Moment schon länger geträumt, aber ihn nie im Leben schon so früh und am Beginn unserer Reise erwartet.
Wie geht es weiter?
Natürlich gab es jetzt einiges zu besprechen. Wie würde es weiter gehen? Werden wir regelmäßige Untersuchungen wahrnehmen, und und und…*
Wir beide gingen mit dem Thema erstmal sehr entspannt um. Uns war sofort klar, dass wir trotzdem weiterreisen wollen. Wo und wie wir das Kind auf die Welt bringen wollen, war erstmal noch kein großes Thema. In Chiang Mai erlebten wir noch ein paar schöne Tage. Die einzige Veränderung, die hier auftrat war eine gesteigerte Geruchsempfindlichkeit. So dass wir den Ausguss am Waschbecken verschließen mussten, damit ich frühstücken konnte. Außerdem setzten mir die Abgase mehr zu. Zum Glück war unser nächstes Ziel Pai (Pai – idyllischer Ort im Norden Thailands), ein kleinerer Ort noch weiter im Norden.
*Vorweg genommen: Wir haben uns gegen regelmäßige Untersuchungen entschieden, mehr dazu gibt es bald in einem anderen Blogbeitrag.
7. – 9. SSW: Pai – Thailand
In Pai ging es mir fast schlagartig schlechter. Es fing mit der typischen Morgenübelkeit an und weitete sich in den folgenden Tagen dann auf den gesamten Tag aus. Ich bekam Essen nur noch schwer runter und die Gerüche setzten mir immer mehr zu.
Ab fortan wurde Essen zur Qual…
Es waren vor allem die Gerüche nach asiatischem Essen, die in mir eine starke Übelkeit auslösten. Somit war an asiatisches Essen auch nicht mehr zu denken. Zum Glück gab es in Pai ein paar Essensmöglichkeiten mit westlichen Gerichten. Jedoch wurde auch hier die Auswahl immer begrenzter. Oft konnte ich ein und dasselbe Gericht nur einmal verspeisen und hatte dann keine Lust mehr drauf, bzw. Ekel davor. Meine Mahlzeiten über den Tag verteilt, waren Obst (Müsli ging zwischendurch auch nicht mehr) zum Frühstück, gekochte Kartoffeln (pur) und frisches Gemüse zum Mittagessen und abends die quälende Suche nach etwas zu Essen, dass ich einigermaßen runterbekam.
Hinzukam, dass ich regelmäßig Mahlzeiten zu mir nehmen musste, damit mir nicht übel wurde. So, dass wir immer eine Tupperdose mit Kartoffeln, welche unsere Gastgeberin für mich kochte, und frischem Gemüse dabei hatten.
Die Fahrten durch die Stadt waren für mich mit starker Übelkeit verbunden, da es überall nach asiatischem Essen und vor allem auch Knoblauch roch (zu Glück hatte ich Minzöl dabei, welches mein ständiger Begleiter wurde). Selbst beim Gedanken und Schreiben über Pai kommt wieder eine leichte Übelkeit in mir hoch. Zu schade, da das vegane Essen dort (laut Matthias und anderen Meinungen) besonders schmackhaft ist.
Die Müdigkeit legt mich lahm…
Zu der Übelkeit kam noch eine bleierne Müdigkeit, die mich jeden morgen nach dem Frühstück überfiel und mich für 2-3 Stunden lahm legte. So verbrachte ich die Vormittage oft in der Hängematte, während Matthias fleißig arbeitete. Die Aktivitäten begrenzten sich somit auf den Nachmittag. Ich muss schon sagen, dass ich die Zeit in Pai als besonders anstrengend in Erinnerung habe und ich den eigentlich so wundervollen Ort nicht wirklich genießen konnte.
Trotzdem hätten wir, denke ich, in der Zeit nicht an einem besseren Ort in Asien sein können. Unsere Unterkunft bot uns Ruhe und Entspannung und die Gastgeberin war super fürsorglich. Als sie von meiner Schwangerschaft erfuhr kümmerte sie sich noch liebevoller um mich und ließ uns trotz Preisunterschiede zwischen ihren Hütten die für uns beste Unterkunft auswählen ohne einen Aufschlag zu verlangen. Außerdem überlies sie uns kostenlos ihren Motorroller um in die Stadt zu kommen und gab wertvolle Tipps rund um die Schwangerschaft. Diese selbstlose Fürsorge werde ich nicht vergessen.
10. – 16. SSW: Borneo – Malaysia
Aufgrund unserer Erfahrung in Pai, suchten wir uns einen noch ruhigeren Ort in Malaysia, fern ab von größeren Städten mit ihren Abgasen und Essensgerüchen. Aber auch hier sollte es erstmal nicht besser werden. Die Verdauung wurde immer langsamer, so dass ich stundenlang mit einem ekeligen Völlegefühl und Bauchschmerzen zu kämpfen hatte. Es knockte mich regelrecht aus, so dass ich den Monat auf Borneo kaum etwas effektives zustande bekommen habe. Darum konnten wir in dieser Zeit kaum etwas unternehmen.
Ablenkung im und am Meer
Unsere Aktivitäten bestanden meist aus einem mehr oder weniger langen Spaziergang am Meer und/oder einem Gang ins Wasser und Toben in den Wellen. Die Zeiten im Meer habe ich wohl als angenehmsten in Erinnerung. Hier konnte ich mich gehen lassen und all die körperlichen Symptome vergessen. Wie die Kinder haben wir uns in die Wellen gestürzt, geschrien und gelacht. Es musste uns ja nichts peinlich sein, da wir das Meer und den Strand eh die meiste Zeit für uns hatten.
Was willst du essen?
Matthias hatte sich noch mehr in seine Arbeit gestürzt, während ich die meiste Zeit im Bett hing. Jeden Abend fragte Matthias mich was ich essen wolle und ich habe diese Frage gehasst (obwohl sie doch so lieb gemeint war). Ich wollte mich garnicht mit den Gedanken an Essen befassen. Ich habe vorher noch nie einen so starken Ekel vor etwas gehabt. Matthias gab sich alle Mühe und kochte das Essen so wie ich es haben wollte bzw. so wie ich es einigermaßen runterbekam. Lange Zeit durfte er mein Essen z.B nicht mehr salzen und musste so immer eine extra Portion für mich machen. Wenn es nach mir gegangen wäre und ich dem rohen Gemüse mehr vertraut hätte, hätte ich wohl nur noch roh gegessen, da ich den Geschmack so am ehesten ertragen konnte. Neben dem Ekel und der Übelkeit, machte mir der Gedanken zu schaffen mich nicht vernünftig zu ernähren und möglicherweise meinem Kind damit zu schaden. Mich nervten die Weißmehlprodukte und völlig überzuckerten Speisen aus dem Supermarkt. Ich sehnte mich stark nach gutem Biovollkornbrot. Ich hatte regelrecht Gelüste danach, aber wusste ich würde es hier nicht bekommen. Im Nachhinein kann ich aber sagen, dass ich mich bestimmt besser ernähren konnte, als die ein oder andere Schwangere (die möglicherweise noch mit Erbrechen zu kämpfen hat). Immerhin ging Obst immer und Kokosnüsse, sowie Haferflocken standen auf dem täglichen Speiseplan, die mich mit Eisen und Proteinen versorgten.
Krank und Heimweh in der Weihnachtszeit
Drei Wochen vor Weihnachten wurde ich dann krank. Aus einer anfänglichen Erkältung wurde eine Nasennebenhöhlenentzündung, die mit Nasenbluten und starken Kopfschmerzen einherging. Ich war eine solche Erkrankung garnicht mehr gewohnt, da ich zuvor bestimmt 3 Jahre nicht krank war. Zum Glück habe ich diese dann irgendwann mit Salzspülungen und Dampfbädern in Griff bekommen.
In dieser Zeit vor Weihnachten hatte ich auch ein besonders starkes Heimwehgefühl, welches ich so vorher noch nicht von mir kannte. Ich denke, dass es natürlich zum einen daran lag, dass Weihnachten bei uns in der Familie eine so große Bedeutung hat, aber auch zum anderen an meinem Unwohlsein und meinem Verlangen nach gutem deutschen Essen. Bis zum Weihnachtsfest (13. SSW) hatten wir durchgehalten und nur zwei meiner Schwestern von der Schwangerschaft erzählt. Alle anderen wurden mit einem Video überrascht, welches als Zusammenfassung unserer Reise getarnt, am Ende die freudige Nachricht überbrachte. Über Skype waren wir dabei, wie unseren Familien langsam ein Licht aufging. Ein Moment, der unser Weihnachtsfest zu etwas besonderem gemacht hat.
Unterstützung und neue Freunde
Insgesamt kann ich trotz der Essensproblematik sagen, dass wir uns wieder einen guten Ort ausgesucht hatten: genau wie auch in Pai konnte ich hier vollkommen entspannen. Außerdem hatten wir wieder eine super liebe Gastgeberin, die uns mit Kokosnüssen und anderen Dingen aus ihrem Garten beglückt hat und eine tolle Gesprächspartnerin war. Neben ihr lernten wir noch weitere super liebe Menschen kennen, die unseren sonst eher simplen Alltag mit ihrer Gesellschaft bereicherten.
Dankbarkeit
Kurz bevor wir die Insel verliessen, wurde es allmählich besser, die Übelkeit ließ nach und ich konnte wieder etwas mehr Essen zu mir nehmen. Auch wenn noch nicht alles super war, habe ich mich doch wie ein neuer Mensch gefühl und konnte mich wieder mehr über das Glück meiner Schwangerschaft freuen. Spätestens seitdem ich das Kind spüre (16.SSW) war ich sowieso hin und weg und voller Liebe für das in mir wachsende, wundervolle Wesen.
Ich bin Matthias unglaublich dankbar für seine Unterstützung in der für mich doch recht anstrengenden Zeit. Er hat sich so viel Mühe gegeben mir die Gegebenheiten so angenehm wie möglich zu gestalten und hat einfach eine Menge Arbeit übernommen. Ich weiß jetzt noch viel mehr zu schätzen was ich an ihm habe!